
Sie lebten außerhalb der Stadtmauern in Hastedt und am Barkhof, hatten dort Bethäuser und einen Friedhof, denn jüdischen Menschen war es damals verboten, in Bremen zu übernachten, geschweige denn zu wohnen. Ursache dafür war die judenfeindliche Haltung der Bremer Regierung. Erst im Jahr 1849, als Napoleon die Stadt beherrschte, erhielten Jüdinnen und Juden das Bürgerrecht. 1876 konnte daraufhin erstmals eine Synagoge mit einem Gemeindehaus in Bremen errichtet werden. Man fand den Platz dafür mitten in der Stadt, im Schnoor. Bis 1938 florierte das jüdische Leben, in der Nacht vom 9. Auf den 10. November 1938 setzen Nationalsozialisten das Haus in Brand unter dem Beifallklatschen der Nachbarschaft. Fünf jüdische Menschen wurden ermordet. Kurz vor dem Untergang der Weimarer Republik hatten in Bremen etwas mehr als 1300 Juden gelebt– nur wenige von ihnen haben den Holocaust überlebt. Der alte jüdische Friedhof in Hastedt überstand dagegen die NS-Herrschaft und besteht bis heute.
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges und der Befreiung der Konzentrationslager durch die alliierten Siegermächte wurden in Deutschland sehr wenige Gemeinden als sogenannte „Einheitsgemeinden“ wiederbegründet. Die zentrale Figur für Neuanfang jüdischen Lebens in Bremen war Carl Katz. Er hat das Konzentrationslager Bergen – Belsen überlebt und im August 1945 eine Gemeinde für die in Bremen gestrandeten „displaced persons“ geschaffen. Er half, wo er konnte, diesen Menschen die gewünschte Ausreise aus Deutschland zu ermöglichen oder wieder in Bremen Fuß zu fassen. Die Verhandlungen mit dem Bremer Senat um „Wiedergutmachungsgelder“ waren von vielem Unwillen begleitet, zäh und schleppend. Sehr wenige Überlebende blieben in der Stadt, jedoch kamen in den folgenden Jahrzehnten immer wieder Menschen aus der ehemaligen „Ostzone,“ den früheren Sowjetrepubliken, die vor den dortigen Aufständen gegen das Sowjetregime mit antisemitischen Pogromen geflohen waren. Viele von ihnen benutzen Bremen jedoch als Durchgangsstation nach Übersee, vor allem junge Menschen wanderten aus. Für einige Familien aber konnte durch das unermüdliche Engagement von Carl Katz und seiner Frau Marianne schon im Jahre 1961 die Synagoge und das Gemeindezentrum der „Israelitischen Gemeinde im Lande Bremen“ in der Schwachhauser Heerstraße 117 errichtet werden.
Finanziert wurde es durch den Verkauf des einzig zurückgegebenen ehemaligen Altersheims in der Morgenlandstraße und durch Wiedergutmachungsgelder des Senats. Die Gemeinde blieb über viele Jahre klein und an der Grenze des Existenzminimums, was die Anzahl ihrer Mitglieder anbelangte – auch Überalterung war ein ernsthaftes Problem.
Erst nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 begann sich dies zu ändern, als viele jüdische Flüchtlinge aller Generationen aus den GUS-Staaten nach Deutschland kamen. Zeitweise betrug die Anzahl der Mitglieder durch diesen Zuzug über 1.200, es waren ganze Familien mit allen Generationen bis hin zu Urgroßeltern gekommen – heute liegt deren Zahl bei etwas mehr als 700, was der demographischen Entwicklung geschuldet ist.
Innerhalb der Gemeinde konnte durch die Zuwanderung nach 1991 das jüdische Leben in allen seinen Facetten wieder aufgebaut werden. Der Shabbat, die religiösen Feiertage mit ihren Gottesdiensten und Festen, mit Familienereignissen wie Bar- und Bat Mitzwa, Brit Mila, werden feierlich begangen, sind gut besucht, der Religionsunterricht, die Sonntagsschule für Kinder und Erwachsene brachte und bringt das jüdische Wissen weiter. Im Jahre 1997 wurde der Kindergarten Martha Goldberg gegründet. Kurz darauf auch ein Seniorenclub, soziale Einrichtungen wie Chevra Kaddischa und Bikur Cholim, Kulturinitiaiven, Frauenverein, auch Deutschunterricht, ein jüdischer Chor, „Gut Woch“, der bis heute sein Publikum begeistert. Seit 2003 hat die Gemeinde wieder die originäre jüdische Aufgabe, nämlich die Friedhofsverwaltung des Friedhofs in Hastedt mit den Beerdigungen, in die eigenen Hände übernehmen können. Bisher war das mangels Menschen von den Ämtern in Bremen organisiert worden. Aufrgund der jüdischen Tradition, Gräber auf Ewigkeit bestehen zu lassen, füllte sich der Hastedter Friedhof im Laufe der Jahre und es musste ein neuer Friedhof gefunden werden. Dies gelang und 2008 wurde der neue Platz eingeweiht. 2013 wurde die neue Trauerhalle mit den Möglichkeiten der Tahara in der Beckfeldstraße fertiggestellt. So rundete sich die Wiederherstellung jüdischer Traditionen nach deren völligen Zerstörung ab, nicht zuletzt auch durch die Einweihung einer kleinen Synagoge für die kleine Gemeinde in Bremerhaven im Jahre 2001.
Auch im Jahre 2001 schloss der Senat in Bremen mit der Gemeinde einen Staatsvertrag ab, der das Bestehen jüdischen Lebens mit allen ihren Notwendigkeiten garantiert.
Juden in Bremerhaven
Erste Kenntnis von jüdischem Leben in Bremerhaven gewann man durch einen Schutzbrief für einen Juden im Ort Lehe , der nach 1730 ausgestellt wurde. Um 1830 wurde dort eine kleine Gemeinde gegründet. 1816 umfasste sie 10 Familien, etwa 60 Personen. In den folgenden Jahrzehnten gab es stetige Zuwanderung, wohl mitbedingt durch den Bau eines Seehafens im Jahre 1827. Der Hafen entwickelte sich bald zu einem Zentrum der Auswanderung vor allem aus dem östlichen Europa.
Einen Friedhof gab es bereits seit den 1760er Jahren. 1878 wurde eine große Syngoge mit 300 Sitzplätzen erbaut, die im Novemberpogrom 1938 verwüstet und zerstört wurde. Die Zahl der Juden in Bremerhaven ging von 340 im Jahre 1933 auf 113 im Jahre 1939 zurück. Die letzten hier verbliebenen Juden wurden 1941 nach Minsk und 1942 nach Theresienstadt deportiert.
Das bekannteste Mitglied der Jüdischen Gemeinde Bremerhaven war Julius Schocken, der 1903 ein Kaufhaus gegründet hatte, später ein weiteres erwarb, und von 1928 bis zu seinem Tod 1934 das Amt des Synagogenvorstehers bekleidete und sich durch viele Wohltätigkeit einen Namen machte.
Seine Witwe und seine Tochter wurden nach Minsk deportiert und dort ermordet. Zu ihrem Gedenken haben Bürger der Stadt 1991 den Jeanette-Schocken-Preis für Literatur gestiftet. Die Villa der Familie beherbergt heute eine Einrichtung der Altenpflege.
Auch erst seit 1991 gab es in Bremerhaven wieder eine nennenswerte Anzahl von jüdischen Menschen, die aus der ehemaligen Sowjetunion zugewandert und nach Bremerhaven verteilt worden sind. Die sehr wenigen, vorher in der Stadt ansässigen jüdischen Menschen waren verstreut und versteckt kaum zu finden. Einer von ihnen, Günther Schmidt, Lehrer an einer Schule und bisher Gemeindemitglied in Bremen, sah sich nunmehr ermutigt, die Menschen zu sammeln und die Gründung eine jüdischen Gemeinschaft Bremerhaven voranzutreiben. Nach mehreren Jahren gelang es. Eine Gemeinde mit Satzung und Vorstand lebte auf und auch eine Synagoge wurde im Jahr 2000 eingeweiht. Der Magistrat hat ihnen eine kleine Kirche der früher hier stationierten US-Streitkräfte überlassen, die Kreuze wurden entfernt und das Gebäude zu einer Synagoge umgewidmet.
Die Gemeinde wird seither religiös vom Landesrabbiner aus Bremen mitbetreut.